Reichenhain
Die Reichenhainer Kirche erhebt sich im Ortszentrum, umgeben von einem kleinen Friedhof. Um 1346 vermutlich ursprünglich als Marienkapelle errichtet hat sie in weiteren Bauphasen ab 1485 ihre heutige Gestalt erhalten: Ein schlichter Rechteckbau mit Anbauten im West- und Südteil. Das Walmdach mit Turm trägt 2 Glocken – die ältere stammt aus dem Jahre 1575.
Im Altarraum befand sich in mittelalterlicher Zeit ein Flügelaltar. Drei der noch erhaltenen Altarschreinfiguren sind jetzt an der Westseite des Kirchenschiffs zu sehen:
- Heiliger Nikolaus (Bischof zu Myra) als Kirchenpatron
- St. Wolfgang (Bischof zu Regensburg)
- St. Franziskus (Franz von Assisi) als Fürsprecher der Armen
Es existieren Kirchenbücher durchgängig ab dem Jahre 1565 bis 1734. Danach fehlen einzelne Exemplare, möglicherweise fielen sie einem Brand zum Opfer. Ab 1778 erfolgte eine bauliche Umgestaltung im Barockstil. Vor allem der Innenraum wurde verändert. Prägende Elemente sind seither:
- eine Umlaufende hölzerne Empore
- seit 1970/1971 eine Kassettendecke in der jetzigen Form mit großem Kerzenleuchter
- ein in unserer Gegend relativ seltener Kanzelaltar
- das schlichte Taufbecken aus Holz
- die Rundbogen- und Vorhangbogenfenster.
1945 wurde die Kirche durch Bombenangriffe stark beschädigt, die Pfarrscheune und das Pfarrhaus total zerstört. Das Pfarrhaus wurde im Jahre 1964 in Eigenleistung komplett neu gebaut und ist damit der erste Neubau eines Pfarrhauses in der Nachkriegszeit auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Die Instandsetzung der Kirche erfolgte ab 1949 bis 1952. Teilweise wurden Bretter aus Kriegsruinen für die Dachreparatur verwendet, das Dach mit Schiefern gedeckt und die Kirche neu verputzt. Das Gestühl im Kirchenschiff stammt aus den 1960er Jahren, zuvor hatte die Kirche einen Mittelgang.
1980 konnte die Innenrenovierung mit der Restauration des Kanzelaltars abgeschlossen werden. Seit 2012 ermöglicht eine moderne Heizungsanlage die ganzjährige Nutzung der Kirche. Ebenfalls im Jahre 2012 konnte die Sanierung der denkmalgeschützten Friedhofsmauer abgeschlossen werden. Im Jahre 2014 folgten der Einbau neuer Außentüren und die komplette Innenausmalung des Kirchenschiffes. In einem weiteren Schritt konnte 2018 die Orgel renoviert und modernisiert werden.
Die Kirchgemeinde Reichenhain bildete von 1999 bis 2019 eine Schwesternkirchgemeinde mit Einsiedel, daran angegliedert Berbisdorf und Erfenschlag.
Historie
1346 | Erwähnung des “Kirchenspiels Reichenhayn” im Matrikel des Bistums Meißen. Die Kirche war vermutlich ursprünglich eine Marienkapelle. |
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1485 | Nach mehreren Bauphasen erhält die Kirche ihre heutige Gestalt. Vom Flügelaltar der 1. Kirche stammen von einem unbekannten Meister drei Altarschreinfiguren: St. Wolfgang (Bischof von Regensburg), St. Franziskus (Franz von Assisi) und St. Nikolaus (Bischof von Myra) |
1545 | Nach Einführung der Reformation in Sachsen im Jahr 1539 beginnt als erster evangelischer Pfarrer Veit Voigt seinen Dienst in Reichenhain |
1565 | Erste Eintragungen der Taufen, Trauungen und Beerdigungen im heute noch erhaltenen Kirchenbuch |
1575 | erwirbt die Gemeinde eine Glocke, gegossen in Freiberg. Sie wird nach dem 2. Welt-krieg, in dem sie beschlagnahmt worden war, aus Hamburg zurückgeführt und ist heute unsere kleine Glocke |
1633 - 1636 | Die Pfarrstelle ist unbesetzt. Eintragung im Taufbuch: Von 1633 bis 1636 vacant, weil nur 2 Güther bewohnt gewesen, so gar hat die Pest aufgeräumt. |
1650 | Die Gemeinde erwirbt, zwei Jahre nach dem Ende des 30-jährigen Krieges, eine wertvolle Altarbibel, die noch vorhanden ist. |
1721 | Der silberne Abendmahlsteller mit der Inschrift „Siehe Herr ich bin gering aller Barmherzigkeit und Treue“ wird erworben. Er ist bis heute in Gebrauch. |
1773 | und in den Jahrzehnten danach: Erschöckliche Theuerung und Hungersnot wegen vorhergegangenem Mißwuchs im 3. Jahr ... da Inbesonderheit fast alle Häußler und Haußgenossen, in die betrübtesten Umstände geraten, durch Hunger und Fieber aufgerieben, da auch fast das ganze Jahr hindurch ein bösartiges Fieber geherrschet, daran andere, welche den Hunger nicht empfingen, ihr Leben endigen müssen. |
1778 | Ab diesem Jahr erfolgt die bauliche Umgestaltung der Kirche im Barockstil. Im Innen-raum werden umlaufende hölzerne Emporen eingebaut und der Kanzelaltar anstelle des heute unbekannten Altars errichtet. Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Fenster an der Süd-, Ost- und Nordseite: 4 Rundbogenfenster und 2 Vorhangbogenfenster. |
1790 | Bericht des Einsiedelschen Gerichtsanwaltes zu Dittersdorf an den Kurfürsten: Der Pächter vom Rittergut Weißbach samt Dittersdorf heißt am 4. August die Bauern von Reichenhayn zum Brachdienst. Sie kamen aber nicht. Man schickte ein Promemoria (eine Erinnerung) an den Lehnrichter daselbst. Der antwortete: Die Bauern seien entschlossen, nicht mehr zu Hofe fahren oder gehen zu wollen. Sie wollten weder spannen noch Handdienste leisten, weil sie bis gegen Weihnachten kaum Brot für sich und Futter für ihr Vieh hätten. Sie hatten am 5. August 1790 überall in den Gerichten der 5 Dörfer Reichenhayn, Erfenschlag, Einsiedel, Ditterdorf und Kemtau Versammlungen und machten alles aus ... da gab es Geschrei und Getöse ... Es rührt alles von Reichenhayn, weil sie gelesen und erfahren haben, dass in anderen Ländern ... verschiedene Untertanen sich ihrer Gerichtsobrigkeit widersetzten ... |
1797 | Bis zu diesem ZBis zu diesem Zeitpunkt besaß die Kirchgemeinde nur ein bescheidenes Positiv, ein orgelähnliches Instrument. Der damalige Pfarrer Friedrich Gotthelf Siedel schrieb an den Superintendenten: „Es ist einer wohllöblichen Kircheninspektion schon selbst der höchst elende Zustand der Orgel in hiesiger Kirche bekannt, welche oft die Gemeinde im Singen so verwirret, daß alle Andacht gestört wird, oft gar nicht gespielt werden kann und ganz und gar keiner Reparatur mehr fähig ist.“ Es wird eine gebrauchte Orgel aus Meuselwitz gekauft und, verbunden mit umfang-reichen Umbauten am Chor, aufgestellt. Doch schon 1839 werden schwerwiegende Schäden an der Orgel festgestellt. Letztendlich entscheidet sich die Gemeinde für den Bau einer neuen Orgel, doch das dauert noch 25 Jahre! |
1865 - 1867 | Der Orgelbauer Carl Eduard Schubert aus Adorf beginnt mit dem Bau der Orgel, die dann von Johann Kralapp aus Chemnitz fertiggestellt wird. |
1945 | wird in der Bombennacht am 5. März das Pfarrhaus total zerstört, die Kirche stark beschädigt. Der Ort Reichenhain ist schwer in Mitleidenschaft gezogen. Auf dem Friedhof werden 26 Kinder und Erwachsene beerdigt, die den Bomben zum Opfer gefallen sind. Ein Gedenkstein, 1965 anstelle ihrer Gräber errichtet, erinnert an sie. |
1949 - 1952 | In dieser Zeit werden umfangreiche Sicherungs- und Instandsetzungsarbeiten vorgenommen, das Dach mit Schiefern gedeckt und die Kirche neu verputzt. |
1953 – 1956 | Das Gemeindehaus wird gebaut und mit einem Festgottesdienst eingeweiht. |
1957 | wird die Orgel durch die Firma Schmeisser aus Rochlitz wieder hergestellt und ein zweites Manual eingebaut |
1962 | Erneuerung des Gestühls, der Fußbodenplatten und des Altartisches |
1964 – 1965 | Neubau des Pfarrhauses in Eigenleistung der Gemeinde und mit Unterstützung durch die Aktion Sühnezeichen. Es ist der erste Pfarrhausneubau in Sachsen nach dem 2. Weltkrieg |
1969 | Beschaffung einer neuen Turmuhr |
1970 – 1971 | Neuschalung und Deckung des Kirchendaches mit Schiefer. Einbau einer neuen Holzkassettendecke sowie Innenausmalung der Kirche |
1972 | Einbau eines neuen Heizkessels. Umstellung auf Gasheizung |
1977 – 1978 | Umfangreiche Erneuerungsarbeiten am Dach und Fußboden des Gemeindehauses |
1980 | Restauration des Kanzelaltars in den ursprünglichen Farben mit Blattvergoldung |
1982 - 1983 | Demontage der defekten Wetterfahne durch Bergsteiger und Neuanfertigung einer Wetterfahne mit dem Symbol des Lammes – als Zeichen für den geopferten und auferstandenen Christus. Umfangreiche Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten am Dachreiter |
1984 | Alle Gebäude erhalten einen Silikatanstrich |
1986 | Neukonstruktion des Glockenstuhls und Erwerb einer neuen großen Glocke. Inschrift: „O Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens“. Die “kleine” Tauf-Glocke mit der Inschrift „Lasset die Kinderlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen ist das Reich Gottes“ erhält das Kinderheim der Inneren Mission Börnichen als Geschenk. 2016 Rückführung dieser Glocke in unsere Gemeinde, da sie in Börnichen keine Verwendung gefunden hat. |
1987 | Renovierung des Innenraums der Kirche und Erneuerung des Heizungsrohrsystems |
1994 | Totalabriss und Wiederaufbau des Westanbaues der Kirche von Fundament bis Dach |
2000 | Bildung der Schwesternkirchgemeinde Einsiedel – Reichenhain mit Erfenschlag und Berbisdorf. Damit verbunden ist die Verlegung des Pfarrsitzes nach Einsiedel. |
2011 - 2014 | Einbau isolierverglaster Fenster, Erneuerung der Kirchenheizung und des Innenputzes in der Kirche. Die Kirche kann seitdem durchgängig in den Wintermonaten genutzt werden. Sanierung der denkmalgeschützten Friedhofsmauer. |
2017 | Sanierung der Schubert - / Kralapp- / Schmeisser-Orgel |