Heilige Momente

Heilige Momente sind kostbar: Die Geburt eines Kindes. Das Abschlusszeugnis bekommen. Am Gipfelkreuz stehen und in die Weite blicken. Sich nach dem Streit wieder umarmen. Heilige Momente bleiben in Erinnerung, die Sehnsucht, sie zu erleben, ist groß. Wer möchte das nicht? Viele bringen solche heiligen Momente mit Gott in Verbindung, deuten sie als eine Begegnung mit ihm.
Die Bibel erzählt von vielen solcher Begegnungen. Eine sehr eindrückliche Geschichte ereignet sich am Ostertag. Zwei der Jünger verlassen an diesem Morgen Jerusalem. Jesu Tod am Kreuz drei Tage vorher hat sie erschüttert. Zu guter Letzt ist sogar das Grab leer. Das halten sie nicht mehr aus und gehen weg. Aber sie müssen über das, was sie erlebt haben, reden; über ihre Enttäuschung, ihre Fragen, ihr „Nicht-Verstehen-Können“. Ein dritter Wanderer kommt hinzu. Er hört zu, fragt nach, lässt die beiden reden. Er redet selbst. Er erklärt das Geschehen, deutet die Ereignisse. Sein Wort trifft die Situation, berührt die beiden Jünger, durchbricht die Mauer der Resignation und das Dunkel der Enttäuschung. Am Ende teilt er das Brot mit ihnen und gibt sich zu erkennen. Er ist der, den sie vermissen, den sie betrauern, dessen Verlust sie beklagen - Jesus. Er ist lebendig, gegenwärtig, erfahrbar. Zugleich entzieht er sich ihnen, lässt sich nicht vereinnahmen oder über sich verfügen.
Diesen heiligen Moment, den die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus erlebt haben, beschreiben sie so: „Brannte nicht unser Herz, als er mit uns redete?“ (Lukas 24,32/ Monatsspruch für April). Was sich in dieser Geschichte ereignet, passiert immer wieder. Menschen begegnen dem Auferstandenen, spüren seine Nähe, lassen sich herausrufen aus Gleichgültigkeit, Verhärtung und Hoffnungslosigkeit, werden neu motiviert, mit Hoffnung erfüllt und haben eine Botschaft für andere Menschen. Die Geschichte von den Emmaus-Jüngern bietet keine Handlungsanweisung, wie heilige Momente auszusehen haben oder gar inszeniert werden müssten. Sie bleiben unverfügbar, aber sie ereignen sich. Was es braucht, ist eine generelle Offenheit für solche Begegnungen, die Bereitschaft zu hören, sich korrigieren zu lassen, neue Erkenntnisse zuzulassen. Es braucht den Glauben daran, dass Jesus lebt, er unsere Wege mitgeht, in unser Herz schaut und mit uns in Beziehung treten möchte. Heilige Momente sind nichts Alltägliches, aber sie geschehen mitunter und sie wollen uns für das Leben im Alltag ermutigen und motivieren.
Eine gesegnete Passions- und Osterzeit wünscht Ihnen im Namen aller Mitarbeiter und Kirchvorsteher
Ihr Pfarrer Förster