Predigt Jubilate 03.05.2020 / Johannes 15, 1-8
Predigt als PDF zum Download
Predigt als Online-Gottesdienst
Gottesdienst Jubilate - Ev.-Luth. Christuskirchgemeinde ChemnitzPredigt Jubilate 3.5.2020/ Johannes 15, 1-8
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Gebet
Der wahre Weinstock
Ich bin der rechte Weinstock, und mein Vater der Weingärtner. Eine jeglich Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird er reinigen, daß sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibet in mir und ich in euch. Gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von ihr selber, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und müssen brennen. So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater geehrt, daß ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger.
Liebe Gemeinde
„Aus dir wird mal was!“ Da kommt der kleine Steppke und zeigt stolz, was er mit seinen Legosteinen gebaut hat. Die Erwachsenen nicken anerkennend und sagen: Na, aus dir wird mal was. Schon ist der Kleine noch ein Stück größer geworden, fühlt sich beachtet, bestärkt, motiviert. Aus dir wird mal was, solche Sätze beflügeln, sie setzen Kräfte frei – sofern man ihnen Glauben schenkt.
Sicher kennen Sie auch den anderen Satz: „Aus dir wird nie etwas!“ Wie viele Schüler haben das gehört, vom Lehrer ausgesprochen, der entnervt aufgibt? Noch schlimmer, wenn die Eltern so von ihren Kindern reden und diese solch ein Bild von sich bekommen: Aus mir wird nichts. Wer das von sich glaubt, hat es schwer im Leben.
Was aus uns werden soll, davon spricht Jesus in der Rede vom Weinstock. Am Ende des Textes heißt es: Darin wird mein Vater verherrlicht, das ihr Frucht bringt und werdet meine Jünger. Zu Jüngern von Jesus sollen wir werden. Sonderbar dabei: die, zu denen Jesus das sagt, sind es schon. Es sind seine Jünger, die ihm zuhören.
Drei Jahre waren sie in seiner Schule, sind mit ihm durchs Land gezogen, haben von ihm gelernt, sind in die Geheimnisse des Reiches Gottes eingewiesen worden. Sie sind ihrem Rabbi gefolgt, sind seine Jünger geworden und sollen es noch mal werden, sollen noch mehr in diese Berufung hineinwachsen, die sie schon angetreten haben.
Was die Jünger schon sind, hat Jesus vorher bildlich beschrieben. Ihr seid die Reben, die Reben am Weinstock. Und mit dem Weinstock hat er sich selbst verglichen: Ich bin das und die Reben gehören zu mir, sie sind Teil des Weinstocks, Wachsen und reifen können sie nur, wenn sie am Weinstock sind, wenn es eine lebendige, organische Verbindung gibt. Losgelöst vom Weinstock vertrocknen die Reben.
Ihr seid die Reben, ich bin der Weinstock und mein Vater ist der Weingärtner, erklärt Jesus. Es geht um den Weingärtner. Ihm gehört alles, er will Frucht sehen, er freut sich an den Reben. Er wird dadurch geehrt, wenn ihr Frucht bringt. So wie es jedem Hobbygärtner Ehre macht, wenn er in seinem Garten ernten kann.
Eigentlich ist es ein schönes Bild, in das ich mich gern hineindenke, eine ermutigende Rede, so wie wenn jemand zu mir sagt: Aus dir wird etwas oder ist schon geworden – eine schöne, süße, saftige Traube. Gott freut sich über dich, so wie sich ein Weinbauer über Reben freut. Eine wahrhaft gute Botschaft, Evangelium im besten Sinn des Wortes.
Über diesen Text spreche ich manchmal mit Menschen in unseren Gemeindekreisen, u.a. auch im Grundkurs, also mit Leuten, die sich auf den Weg machen, um den Glauben kennen zu lernen. Die Frage ist, was bleibt von diesem Text hängen, was löst er aus? Oft sind es die negativen, bedrohlichen Aussagen, die im Ohr bleiben.
Eine jede Rebe, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen und ins Feuer werfen. Sie verbrennen. Das klingt nicht nach froher Botschaft, das klingt nach Gericht. Da sagt jemand: Aus dir wird nichts. Was du zu Stande bringst, genügt den Ansprüchen des Weingärtners nicht.
Was, wenn mich das betrifft? Auch bei Menschen, die schon lange im Glauben stehen, kann dieser Text solches Empfinden auslösen, die Angst, aus meinem Christsein nicht genug gemacht zu haben, mit meinem Glauben zu wenig bewirkt zu haben. Der Weinbauer schaut sich das an und sagt: Ungenügend! Aus dir wird nichts.
Plötzlich bekommt das angenehme Bild vom Weinstock Risse, wirkt befremdlich, es löst Ratlosigkeit aus. Wir wollen den Text für uns zum Sprechen bringen, aber was er sagt, klingt nicht gut. Es engt uns ein, statt dass es in die Weite führt, es bedrückt, statt dass es aufrichtet. Mancher fühlt sich an den Lehrer erinnert, der sagt: Aus dir wird nie etwas! Und hört darin das Urteil Gottes.
Wie dieser Ratlosigkeit begegnen? In der Regel lasse ich an dieser Stelle den Imperativ im Text suchen, die Befehlsform: Was sollen wir denn machen? Manche antworten da vorschnell: Frucht bringen! Das will doch der Weingärtner von uns. Es stimmt, der Weingärtner freut sich an der Frucht, diese möchte er ernten, das ist seine Absicht.
Aber der Imperativ heißt nicht: Bringt Frucht, sondern bleibt mit mir verbunden. Bleibt am Weinstock. Sieben Mal ist in diesem kurzen Text vom Bleiben die Rede. Die Frucht ist die Folge dieses Dranbleibens, sie wächst daraus, zwangsläufig, selbstverständlich.
Genauso wie es selbstverständlich ist, dass eine Rebe für sich allein keine Frucht bringen kann. Sie braucht die Verbindung, das Verwachsensein mit dem Weinstock. Was in der Natur völlig logisch ist, gilt auch im übertragenen Sinn für den Glauben.
Das zu entdecken wirkt überraschend, löst Erleichterung aus. Der Text wird wieder zur guten Nachricht. Aus dir wird etwas und die Voraussetzungen dafür musst du gar nicht schaffen! Sie sind vorgegeben. Du darfst sie in Anspruch nehmen, dich damit verbinden.
Dranzubleiben als Rebe am Weinstock, als Jünger an Jesus, ist sehr wohl eine aktive Tat und noch mehr eine aktive Entscheidung. Das geht nicht ohne mein Ja. Es ist zugleich ein passives sich beschenken lassen, ein Festmachen bei dem, der mich hält.
Wie wir an Jesus, dem Weinstock bleiben, dazu gibt er selbst seinen Jüngern einige Hinweise. Meine Worte sorgen dafür, dass ihr rein werdet und so die Frucht wächst. Meine Worte sind für euren Glauben wie die Nährstoffe für die Rebe. Darin fließt euch Kraft zu, sie lassen euch wachsen, lassen die Frucht entstehen.
Dem Wort Jesu verbunden bleiben, mich davon leiten, inspirieren, korrigieren zu lassen. Selig sind die Friedensstifter, selig sind die Barmherzigen. Trachte zuerst nach dem Reich Gottes. Wenn ich mich davon leiten lasse, gewinnt das Bleiben an Jesus Gestalt und das wird sich auswirken. Da wächst Frucht wie von selbst. So wird etwas aus uns. Wenn sein Wort an uns wirkt, werden wir zu seinen Jünger.
Das Bild von den Reben ist zudem ein Bild für Gemeinschaft, ein Bild für Gemeinde. Viele Reben hängen am Weinstock und jede Rebe wiederum besteht aus vielen Beeren. Der Apostel Paulus nennt die Gemeinde den Leib Christi, die Verkörperung Jesu in der Welt.
An Jesus bleiben heißt, sich seiner Gemeinde verbunden zu wissen, deren Nähe zu suchen, dieses Miteinander zu pflegen. Die anderen geben mir Kraft, sie fordern mich heraus, sie helfen mir, gute Entscheidungen zu treffen. Auch als Mensch, in meiner Persönlichkeit, ist Wachstum nur in Gemeinschaft möglich, geistliches Wachsen ebenso. So wird etwas aus uns, in Gemeinschaft werden wir zu Jesu Jüngern.
Die Rede vom Wein lässt zudem an das Abendmahl im Gottesdienst denken. Im Johannesevangelium wird das Abendmahl nicht direkt erwähnt, nur versteckt angedeutet. Immerhin hält Jesus die Rede vom Weinstock am Abend vor seiner Hinrichtung.
Nachdem, was die anderen Evangelien von diesem Abend berichten, hat Jesus dort mit seinen Jüngern das Abendmahl gefeiert. Ihr nehmt mich auf, das ist mein Leib und ist mein Blut, deutet er das, was im Abendmahl geschieht. Wir feiern Gemeinschaft mit Christus, sehen und schmecken, wie freundlich er ist; spüren, wie uns von ihm Lebenskraft zuströmt, ohne dass es sich bis ins Letzte erklären und verstehen lässt. Es bleibt ein Geheimnis, mit dem wir uns beschenken lassen. Das bringt uns Jesus näher, lässt uns seine Jünger sein.
Am Ende seiner Weinstockrede kommt Jesus auf das Gebet zu sprechen: Wenn ihr mit mir verbunden seid, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch gegeben werden. Auch im Gebet drückt sich die Verbundenheit mit Jesus aus. Im Gebet suche ich die Nähe zu ihm, lebe die Beziehung mit ihm.
Gleichzeitig verändert sich die Art unseres Betens, je intensiver wir die Verbindung zu Jesus leben. Wir entdecken, dass es im Gebet nicht darum geht, unsere Wünsche zu erfüllen, sondern dass sich der Wille Gottes erfüllt. Je näher ich Jesus komme, desto wichtiger wird mir, was er will.
Die ersten drei Bitten aus dem Vaterunser gewinnen an Bedeutung: dein Name werde geheiligt, dein Reich komme dein, Wille geschehe. Mache meinem Willen dem deinen gleich, wer so beten kann, wächst hinein in diese Berufung, ein Jünger von Jesus zu sein.
Wenn ich so die Verbundenheit mit ihm lebe, bleibt die Frucht nicht aus. Sie wird wachsen und reifen - ganz natürlich. Das verspricht Jesus, das ist uns verheißen. Und der Weingärtner selbst will dafür sorgen, dass noch mehr Frucht entsteht, denn von allein kann die Rebe nichts bewirken oder hervorbringen.
Ohne mich könnt ihr nichts tun, sagt Jesus. Noch so ein ärgerlicher Satz in seiner sonst so angenehmen Bildrede. Ohne mich könnt ihr nichts tun, über diesen Satz ärgern sich vor allem die Macher unter uns, die Erfolgreichen, die treuen Arbeiter im Reich Gottes, die Eifrigen, die sich über ihre Taten definieren. Wir können eine ganze Menge tun, sind zur Arbeit im Weinberg Gottes gerufen. Was jedoch als gute Frucht zu gelten hat, darüber trifft der Weinbergbesitzer das Urteil, das entscheidet er. Und Frucht ist eben das, was ihm Ehre bereitet, was ihm Freude macht, was für ihn getan wurde.
Bei dieser Frucht, die der Weinbergbesitzer sucht, geht es weniger um Zahlen oder um abrechenbare Leistungen, sondern darum, was an Glaube, Liebe und Hoffnung gelebt worden ist, was wirklich in seinem Sinn getan wurde und nicht nur der eigenen Eitelkeit wegen oder um der eigenen Ehre zu dienen. Darin wird mein Vater verherrlicht. Das allein ist das Kriterium für Frucht und nur der Vater kann das Urteil darüber sprechen.
Die Gerichtsworte, wonach die fruchtlosen Reben im Feuer landen, bleiben damit in Geltung. Das Gericht ist Ausdruck dafür, dass Gott ernst nimmt, was wir gelebt haben. Wir haben die Freiheit, unser Leben zu führen, wir entscheiden, wie wir leben wollen. Dafür tragen wir Verantwortung. Die Gerichtsworte der Bibel wollen uns daran erinnern und zugleich zeigen, wie unser Leben gelingen kann, wie wir zu einer Rebe werden, die gute Frucht bringt.
Denn das Ziel ist klar: der Weingärtner will Früchte sehen, er will ernten. Darüber freut er sich, nicht über das Feuer, das alles verbrennt. Er will zu mir sagen: Schön, was aus dir geworden ist. Diese gute Botschaft darf ich glauben, egal was andere von mir sagen. Diese gute Botschaft soll mich motivieren, Kräfte freisetzen, damit ich zu dem werde, was sich Gott für mich gedacht hat. Amen
Entfaltetes Kyrie und Gloria
Gott, du bist alle Zeit unser Vater.
Groß ist deine Güte über uns.
Alle Dinge kommen aus deiner Hand.
Alles hat von dir seinen Sinn.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison!
Christus, du bist Trost und Hoffnung der Welt.
Du allein machst frei von Schuld.
Du bist Gottes Sohn.
Du vertrittst uns bei dem Vater.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison!
Gott, Heiliger Geist, du stärkst unseren Glauben.
Du stehst uns bei an jedem Tag.
Geschwister gibst du uns zur Seite.
Aus deiner Zukunft kommt uns Leben.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison!
Dreieiniger Gott, du willst nicht ohne uns sein
Deine Liebe treibt dich zu uns Menschen hin
Darüber loben wir dich und singen dir zur Ehre: Gloria
Eingangsgebet:
Dreieiniger Gott, wie du die Natur zu neuem Leben erweckst,
so willst du auch uns Menschen erneuern und einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, in denen Gerechtigkeit wohnt.
Belebe uns, wecke uns auf aus aller Verzagtheit,
dass wir Mut haben zu glauben und auferstehen zum Leben mit dir. Durch Jesus Christus, unsern Herrn. Amen
Fürbittgebet
In dir bleiben, auferstandener Christus. Kraft von dir empfangen.
Aus deiner Wurzel leben, aufnehmen und weiterreichen,
was du uns gibst. Frucht bringen. Ohne dich können wir nichts tun. Du bist unsere Lebenskraft. Wir danken dir dafür.
Liedvers: Du bist Verzeihen
Auferstandener Christus, Du gibst die Kraft. Aus dir strömt sie.
Wir bitten dich: Gib sie denen, die müde sind, die erschöpft sind von Corona, die sich aufreiben in der Sorge für andere,
deren Mut aufgebraucht ist, die sich fürchten vor dem, was kommt.
Sei den Sterbenden nahe, tröste die Trauernden
Gib Verständnis zwischen den Generationen, versöhne die Streitenden, stärke alle, die sich für Menschen in Not einsetzen.
Liedvers: Du bist Verzeihen
Auferstandener Christus, Du bist der Friede. Du berührst die Herzen.
Wir bitten dich: Verwandle die Hartherzigen,
die Kriegsherren, die Demagogen und Lügner.
Ihr Gift soll wirkungslos sein, weil du ihre Opfer heilst.
Leite die Mächtigen mit deinem Geist,
damit sie gute Entscheidungen treffen.
Sei deiner Kirche nahe, segne unseren Bischof
und alle, die deine Kirche leiten,
Gib Mut zum Bekenntnis, rufe Menschen zum Glauben.
Wir befehlen dir die Menschen in unserer Partnergemeinde in Bucaramanga an und bitten dich,
steh den verfolgten Schwestern und Brüdern zur Seite.
Liedvers: Du bist Verzeihen
Bleib bei uns, auferstandener Christus, denn ohne dich können wir nichts tun. Du bist der Weinstock, wir leben von dem, was du uns gibst und danken dir dafür. Erbarme dich unser, heute und alle Tage, die kommen. Wir beten gemeinsam:
Amen.