Kirche wohin? Veränderungen in der Region Chemnitz-Süd
Die Frage nach dem Wohin der Kirche ist zur Frühjahrstagung der Landessynode mehrfach gestellt und ausführlich beraten worden. Zu deutlich sind die Umbrüche, die unsere Landeskirche derzeit erfährt. Dabei geht es nicht nur um Strukturen oder Zahlen. Wir erleben eine Krise des Glaubens. „Gestalt und Inhalt von Kirche und Glauben sind für viele Menschen resonanzlos geworden“, wurde in einem Vortrag auf der Synode festgestellt. Das heißt nicht weniger, als dass der Glaube die Menschen immer weniger erreicht und anspricht.
Im Laufe ihrer Geschichte hat die Kirche viele Transformationsprozesse aushalten und umsetzen müssen. Ziel war und ist, unabhängig von den Umständen die Botschaft des Evangeliums zu den Menschen zu bringen. Strukturen und Formen haben dabei nur einen dienenden Charakter. Sie helfen und geben Sicherheit, aber sind nicht um ihrer selbst willen da. Das gilt auch für die Umbrüche, die sich derzeit in unserer Landeskirche und in unserer Region abzeichnen.
Schon seit längerem ist bekannt, dass Pf. Dziubek im November in den Ruhestand tritt. Diese Pfarrstelle wird auf 50% gekürzt und sehr wahrscheinlich im Jahr 2030 komplett wegfallen. Zugleich wird Pfarrer Hofmann die Kirchgemeinde Altchemnitz-Harthau im September verlassen, so dass eine weitere Vakanz zu verkraften ist. Pf. Oehme aus der Luthergemeinde wird die Vertretung in Altchemnitz-Harthau übernehmen, ich werde für Einsiedel zuständig sein.
Vakanzen hat es schon immer gegeben. Die offenen Stellen wurden ausgeschrieben und irgendwann neu besetzt. Seit geraumer Zeit funktioniert dieser Wechsel nur noch eingeschränkt. Es fehlt an Nachwuchs in den kirchlichen Berufen, was sich in Langzeitvakanzen und einer Vielzahl von unbesetzten Stellen niederschlägt. (Im Bereich der Gemeindepädagogik und der Kirchenmusik ist die Personalsituation ähnlich prekär.) Der „resonanzlose“ Glaube lässt die Zahl der Gemeindeglieder zurückgehen. Damit sinken die Einnahmen und müssen Stellen eingespart werden, was die verbleibenden Stellen weniger attraktiv macht. Das wiederum führt dazu, dass die Bereitschaft nachlässt, hauptamtlich in der Kirche mitarbeiten zu wollen. Bisher hat die Kirche noch kein Rezept gefunden, um diesen Abwärtstrend zu stoppen, trotz Strukturreformen und Strategiepapieren.
Die anstehenden Vakanzen in unserer Region beschäftigen den Kirchenvorstand schon länger. Je näher sie kommen, desto konkreter müssen die Entscheidungen getroffen werden. Bezüglich der Gottesdienste haben wir festgelegt, ab November in der Regel zwei Gottesdienste pro Sonntag in der Christuskirchgemeinde anzubieten. Diese beginnen um 9:30 Uhr und um 11:00 Uhr. Die 9:30 Uhr-Gottesdienste werden als Abendmahlsgottesdienste gefeiert, so dass an jedem Sonntag ein Abendmahlsgottesdienst in unserer Gemeinde stattfindet und in jedem Ortsteil aller 14 Tage ein Gottesdienst sein kann. Ferner sind andere Gottesdienstformen (z.B. Lobpreisgottesdienste) angedacht, die regelmäßig stattfinden sollen, jedoch eher am Freitag- oder Samstagabend angeboten werden. Prinzipiell setzen wir mit diesem Konzept verstärkt darauf, den Gottesdienst in anderen Ortsteilen zu besuchen und werben für diese „Gemeinschaftserfahrung“ über die Ortsgrenze hinaus.
In Adelsberg hat sich zudem eine Gruppe gefunden, die am Sonntagmorgen ab 9:30 Uhr eine Andacht und Offene Kirche anbieten möchte, sofern an diesem Tag kein Gottesdienst in Adelsberg stattfindet. Ferner gehen wir davon aus, dass verstärkt Gemeindeglieder in die Gottesdienstgestaltung involviert werden müssen.
Zu welchen weiteren Veränderungen die anstehenden Vakanzen noch führen, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Die spannende Frage wird sein, ob und wie wir derartige Prozesse annehmen und diese mitgestalten wollen. Zur Landessynode ist in diesem Zusammenhang mehrfach von der Kirche als „Ermöglichungsraum“ gesprochen worden. Wer auf Mitarbeit angewiesen ist, muss Möglichkeiten schaffen, damit sich Menschen einbringen können und mitgestalten wollen. Dazu ist Freiraum nötig und die Bereitschaft, überkommene Formen und Strukturen zu verändern. Die Art, wie wir seit zwei Jahren in unserer Gemeinde die Kirchenmusik gestalten, zeigt, in welche Richtung uns der Weg führen kann. Hier ist schon ein Transformationsprozess in Gang gekommen, den wir auch in anderen Bereichen unserer Gemeindearbeit brauchen. Wohin uns der Weg genau führt, ist nicht absehbar. Fest steht jedoch, dass uns Jesu Gegenwart verheißen ist und er uns als Gemeinde gerufen hat, das Evangelium zu den Menschen zu tragen. Das entlastet und motiviert zugleich.
Pfarrer Daniel Förster